RESOLUTION DER GENERALVERSAMMLUNG
vom 5. Mai 1997
[ohne Überweisung an einen Hauptausschuß (A/ES-10/L.1 und
Add.1)]
Zehnte Notstandssondertagung
Tagesordnungspunkt 5
A/RES/ES-10/2.
Illegale israelische Maßnahmen im besetzten Ost-Jerusalem und
in dem übrigen besetzten palästinensischen Gebiet
Die Generalversammlung,
in Kenntnis dessen, daß die Besatzungsmacht Israel am 18.
März 1997 nach der Verabschiedung der Resolution 51/223 der Generalversammlung
vom 13. März 1997 mit dem Bau einer neuen Siedlung am Dschebel Abu
Ghneim südlich von Ost-Jerusalem begonnen hat, und in Kenntnis anderer
illegaler israelischer Maßnahmen in Jerusalem und in dem übrigen
besetzten palästinensischen Gebiet,
mit Bedauern feststellend, daß der Sicherheitsrat bei zwei
Gelegenheiten, auf seiner 3747. Sitzung am 7. März 1997 und auf seiner
3756. Sitzung am 21. März 1997, infolge der Nein-Stimme eines ständigen
Ratsmitglieds keine Resolution zu den obengenannten Maßnahmen verabschiedet
hat,
in Bekräftigung der ständigen Verantwortung der Vereinten
Nationen im Hinblick auf die Palästinafrage, bis diese in allen ihren
Aspekten gelöst ist,
sowie in Bekräftigung des Grundsatzes der Unzulässigkeit
des gewaltsamen Gebietserwerbs,
nach Behandlung der ernsten Verschlechterung der Situation in
dem besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Jerusalems,
und im Nahen Osten im allgemeinen, namentlich der ernsten Schwierigkeiten,
in denen sich der Nahostfriedensprozeß infolge der jüngsten
israelischen Handlungen und Maßnahmen befindet,
in Bekräftigung ihrer Unterstützung für den 1991
in Madrid auf der Grundlage der Resolutionen des Sicherheitsrats 242 (1967)
vom 22. November 1967, 338 (1973) vom 22. Oktober 1973 und 425 (1978)
vom 19. März 1978 begonnenen Nahostfriedensprozeß, für
das Prinzip "Land gegen Frieden" und für die vollinhaltliche und
rechtzeitige Durchführung der zwischen der Regierung Israels und
der Palästinensischen Befreiungsorganisation, der Vertretung des
palästinensischen Volkes, geschlossenen Abkommen und die vollständige
und fristgerechte Erfüllung aller zwischen den Parteien eingegangenen
Verpflichtungen,
unter Hinweis auf ihre einschlägigen Resolutionen, namentlich
die Resolutionen 181 (II) vom 29. November 1947 und 51/223, und die einschlägigen
Resolutionen des Sicherheitsrats, insbesondere die Resolutionen über
Jerusalem und die israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten, namentlich
die Resolutionen 252 (1968) vom 21. Mai 1968, 446 (1979) vom 22. März
1979, 452 (1979) vom 20. Juli 1979, 465 (1980) vom 1. März 1980,
476 (1980) vom 30. Juni 1980, 478 (1980) vom 20. August 1980, 672 (1990)
vom 12. Oktober 1990 und 1073 (1996) vom 28. September 1996,
erneut erklärend, daß die internationale Gemeinschaft
durch die Vereinten Nationen ein legitimes Interesse an der Frage der
Stadt Jerusalem und dem Schutz der einzigartigen spirituellen und religiösen
Dimension der Stadt hat, wie aus den entsprechenden Resolutionen der Vereinten
Nationen über diese Frage hervorgeht,
sowie in Bekräftigung der Anwendbarkeit des Genfer Abkommens
vom 12. August 1949 zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten und
der Kriegsordnung in der Anlage zu dem Haager Abkommen IV von 1907 auf
das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Jerusalems,
und auf alle anderen seit 1967 von Israel besetzten arabischen Gebiete,
daran erinnernd, daß die Hohen Vertragsparteien des Genfer
Abkommens zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten nach Artikel 1
des Abkommens verpflichtet sind, das Abkommen unter allen Umständen
einzuhalten und seine Einhaltung durchzusetzen,
im Bewußtsein der ernsten Gefahren aufgrund der ständigen
Verstöße gegen das Abkommen und der schweren Verletzungen desselben
sowie der sich daraus ableitenden Verantwortlichkeiten,
überzeugt, daß es für die Wahrung des Weltfriedens
und der internationalen Sicherheit unerläßlich ist, die Einhaltung
von Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts sicherzustellen,
und entschlossen, im Einklang mit der Präambel der Charta der Vereinten
Nationen Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung
vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts
gewahrt werden können,
sowie in diesem Zusammenhang davon überzeugt, daß
die wiederholten Verstöße der Besatzungsmacht Israel gegen
das Völkerrecht und ihre Nichteinhaltung der einschlägigen Resolutionen
des Sicherheitsrats und der Generalversammlung und der zwischen den Parteien
geschlossenen Abkommen den Nahostfriedensprozeß untergraben und
eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellen,
zunehmend besorgt über die Maßnahmen der bewaffneten
israelischen Siedler in dem besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich
Jerusalems,
im Bewußtsein dessen, daß sie im Einklang mit Resolution
377 A (V) der Generalversammlung vom 3. November 1950 unter diesen Umständen
aufgerufen ist, die Situation zu behandeln, mit dem Ziel, den Mitgliedstaaten
der Vereinten Nationen geeignete Empfehlungen zu unterbreiten,
1. verurteilt den Bau einer neuen Siedlung am Dschebel Abu Ghneim
südlich des besetzten Ost-Jerusalem durch die Besatzungsmacht Israel
und alle anderen illegalen israelischen Maßnahmen in allen besetzten
Gebieten;
2. erklärt erneut, daß alle von der Besatzungsmacht
Israel getroffenen Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen und -handlungen,
die den Charakter, den Rechtsstatus und die demographische Zusammensetzung
Jerusalems geändert haben oder eine solche Änderung zum Ziel
hatten, null und nichtig sind und keinerlei Gültigkeit besitzen;
3. erklärt außerdem erneut, daß die israelischen
Siedlungen in allen seit 1967 von Israel besetzten Gebieten illegal sind
und ein Hindernis für den Frieden darstellen;
4. verlangt die sofortige und vollständige Einstellung der
Bautätigkeit am Dschebel Abu Ghneim und aller sonstigen israelischen
Siedlungstätigkeiten sowie aller illegalen Maßnahmen und Handlungen
in Jerusalem;
5. verlangt außerdem, daß Israel die De-jure-Anwendbarkeit
des Genfer Abkommens vom 12. August 1949 zum Schutze von Zivilpersonen
in Kriegszeiten auf alle seit 1967 besetzten Gebiete akzeptiert und sich
im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen an die einschlägigen
Resolutionen des Sicherheitsrats hält;
6. unterstreicht die Notwendigkeit, die territoriale Unversehrtheit
des gesamten besetzten palästinensischen Gebiets zu erhalten und
die Bewegungsfreiheit von Personen und Gütern in dem Gebiet, so auch
die Aufhebung der Beschränkungen für die Ein- und Ausreise nach
beziehungsweise aus Ost-Jerusalem, und die Bewegungsfreiheit im Verkehr
mit den übrigen Teilen der Welt zu gewährleisten;
7. fordert die Einstellung jeder Art von Hilfe und Unterstützung
für die illegalen israelischen Tätigkeiten, insbesondere die
Siedlungstätigkeit, in dem besetzten palästinensischen Gebiet
einschließlich Jerusalems;
8. empfiehlt denjenigen Staaten, die Hohe Vertragsparteien des
Genfer Abkommens zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten sind, in
Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach Artikel 1 des Abkommens auf
nationaler oder regionaler Ebene Maßnahmen zu ergreifen, um die
Einhaltung des Abkommens durch die Besatzungsmacht Israel durchzusetzen;
9. ersucht den Generalsekretär, die Situation zu überwachen
und binnen zwei Monaten nach der Verabschiedung dieser Resolution einen
Bericht über ihre Durchführung vorzulegen, insbesondere über
die Einstellung des Baus der neuen Siedlung am Dschebel Abu Ghneim und
aller sonstigen illegalen israelischen Maßnahmen im besetzten Ost-Jerusalem
und in dem übrigem besetzten palästinensischen Gebiet;
10. erklärt, daß es notwendig ist, daß die zwischen
den Parteien geschlossenen Abkommen genauestens durchgeführt werden,
und fordert die Träger des Friedensprozesses, die interessierten
Parteien und die gesamte internationale Gemeinschaft nachdrücklich
auf, alles Erforderliche zu tun, um den Friedensprozeß wieder in
Gang zu bringen und seinen Erfolg sicherzustellen;
11. empfiehlt, daß eine umfassende, gerechte und dauerhafte
Lösung der Frage der Stadt Jerusalem, die im Rahmen von Verhandlungen
zwischen den Parteien über ihren ständigen Status erzielt werden
sollte, auch international garantierte Bestimmungen enthalten sollte,
die die Religions- und Gewissensfreiheit ihrer Bewohner sowie den ständigen,
freien und ungehinderten Zugang der Gläubigen aller Religionen und
Nationalitäten zu den Heiligen Stätten sicherstellen;
12. verwirft im Einklang mit allen einschlägigen Resolutionen
und Erklärungen der Vereinten Nationen den Terrorismus in allen seinen
Formen und Ausprägungen;
13. beschließt, die zehnte Notstandssondertagung der Generalversammlung
zu unterbrechen und den Präsidenten der Generalversammlung zu ermächtigen,
ihre Sitzungen auf Antrag der Mitgliedstaaten wiederaufzunehmen.
3. Plenarsitzung
25. April 1997
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